VG Koblenz (4 K 10/17.KO) – Lärm-Vorbelastung nicht korrekt berücksichtigt

AZ: 4 K 10/17.KO  –  VG Koblenz vom 23.11.2017

Klage wegen fehlerhaften Messungen und fehlender UVP, fehlender Immissionsort u.v.m. wurde vom VG Koblenz stattgegeben

Vor- und Zusatzbelastungen wurden nicht korrekt addiert,  daher besteht kein Raum für eine weitere Zusatzbelastung durch die genehmigten Windenergieanlagen

„Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung des Beklagten vom 3. Juli 2014 und der Widerspruchsbescheid  des  Kreisrechtsausschusses  des  Beklagten vom  24. November 2016 werden aufgehoben“

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zugunsten der Beigeladenen.
Die Klägerin ist Gewerbetreibende mit Sitz im Industriegebiet A***, B***…

„Mehrere zu einer schädlichen Umwelteinwirkung beitragende Anlagen unterschiedlicher Betreiber

Tragen mehrere Anlagen unterschiedlicher Betreiber relevant zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen bei, so hat die Behörde die Entscheidung
über die Auswahl der zu ergreifenden Abhilfemaßnahmen und der Adressaten  entsprechender Anordnungen nach den Nummern 5.1 oder 5.2 nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu treffen.
Als dabei zu berücksichtigende Gesichtspunkte kommen insbesondere in  Betracht:

  1. der Inhalt eines bestehenden oder speziell zur Lösung der Konfliktsituation erstellten Lärmminderungsplans nach §47 a BImSchG,
  2. die Wirksamkeit der Minderungsmaßnahmen,
  3. der für die jeweilige Minderungsmaßnahme notwendige Aufwand,
  4. die Höhe der Verursachungsbeiträge,
  5. Vorliegen und Grad eines etwaigen Verschuldens.

In Anbetracht der massenhaften Bebauung mit WEA und anderen, technischen Schall emittierenden Anlagen, vielerorts dichter Besiedlung des Landes und bereits vorhandener Vorbelastung ist dieses Urteil beachtenswert. Zumal die Vorbelastung in sowohl ländlichen Räumen, als auch in städtischen Randlagen in Deutschland von Seiten der Genehmigungsbehörden zumeist schlicht negiert wird.
Schon anläßlich nur auf WEA bezogene Genehmigungen in ansonsten im Grunde stillen ländlichen Räumen, wird die bereits vielfach seit Jahren vorhandene Bebauung mit Hunderten WEA mit ihren Schallemissionen negiert.
Wenn Sie Klage wegen Überschreitung der Lärmgrenzen gegen den Wind“park“ in Ihrer Nachbarschaft führen wollen, werden Sie regelmäßig gefragt, welche WEA Sie denn über alle Maßen belästigen würde. Eine absurde Situation, die über Jahrzehnte funktioniert hat, dank der „Sonderstellung“ von Windkraftbetreibern seitens des politischen Willens und entsprechender Aufträge an die Genehmigungsbehörden.
Es lohnt sich, dieses Urteil zu lesen und ggf. für Ihre Klagen heranzuziehen.
JR

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