Strengere Lärm-Regeln für Windkraft – GuSZ weist auf Fehler hin

(c) Steve Hunter

Aussage in der KN:
“Die Windbranche blickt ihnen seit Monaten schon hochgradig nervös entgegen, den Windkraft-Kritikern hingegen dauert alles viel zu lange: Am Donnerstag hat die Landesregierung die mit Spannung erwarteten strengeren Lärm-Regelungen für Windkraftanlagen in Kraft gesetzt.”

Ulrich Metschies berichtet für die KN und zitiert den Energiewendeminister und wir nehmen den Artikel und die Aussagen von Robert Habeck zum Anlass, die neuen Regelungen im Interview mit dem unabhängigen Akustiker Sven Johannsen von GuSZ  zu hinterfragen.

Aussage in der KN – Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne):
Dieses Verfahren trage „den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, sorgt dafür, dass die zulässigen Immissionswerte sicher eingehalten werden und verbessert damit den Lärmschutz im Land“.

Sven Johannsen, GuSZ:

das hier seitens Herrn Robert Habeck benannte „Verfahren“ (auch Interimsverfahren genannt), ist – wenn überhaupt – , nur Flickschusterei und dadurch nicht mehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein“ für Windkraft-Immissionsbetroffene.
Mitnichten ist es ein Verfahren, das dem aktuellen Stand der Wissenschaft Rechnung trägt, denn die dominierenden und am meisten schädigenden Frequenzen moderner WKA liegen im Bereich deutlich unter 63 Hz (hier z.B. die Flügelharmonischen dieser Anlagen bei ca. 0,5 Hz bis zu 8 Hz) und diese Frequenzen werden – auch in diesem neuen Verfahren –  gar nicht berücksichtigt
!

Aussage in der KN:
Dies, so der Minister, sei „auch für die Akzeptanz der Windenergie ein wichtiges Signal“.

Windwahn.com:

Wie kann man in einem bereits sei Jahren derart durch WEA entstellten Land wie SH überhaupt noch von Akzeptanz sprechen?
Diese findet zwar in den Köpfen von Ideologen und Profiteuren statt. Auch in denen von Städtern, die ihre urbanisierte Umgebung nicht verlassen, weil sie sich weder für die Landschaft, Natur und Artenvielfalt, noch für ihre Mitmenschen auf dem Land interessieren.
In den ländlichen Räumen und auch bereits an Stadträndern sieht dies ganz anders aus, wie Unterschriftsammlungen, Befragungen bei Zusammenkünften mit Informationscharakter,  Bürgerentscheide und Forenkommentare von 1997 bis heute zeigen.
Auch die heute bei uns gelisteten 1028 Bürgerinitiativen und Natur-, Arten- und Landschaftsschutzverbände sprechen eine andere Sprache!
Dies betrifft fast 10% der deutschen Gemeinden, Großstädte inklusive…

Aussage in der KN:
“Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Beurteilungsverfahren besteht vor allem darin, dass die sogenannte Bodendämpfung jetzt nicht mehr einberechnet und das Berechnungsverfahren auf eine frequenzabhängige Berechnung umgestellt wird.”

Windwahn.com:

Was ist hier zu sagen. in Bezug auf die Schalleitung übers Wasser, z.B. das hochanstehende Grundwasser in den vielen Marschen und Mooren des Landes, die vor allem im Westen von SH bereits fast komplett mit WEA zugebaut sind und ein Folterszenario durch die Auswirkungen von Dauerschwingungen und -vibrationen durch Körperschall für die Anwohner darstellen?
Das Gleiche gilt für die Mittelgebirge der BRD und die dort vorliegenden leitenden Gesteinsformen und die spezielle Geologie der Berg- und Tallagen…

Sven Johannsen, GuSZ:

Auch dieses neue Verfahren fußt auf vorherigen Abnahmemessungen (typbezogen) von WKA und die dortigen Vorgaben stammen alleinig von der FWG (Fördergesellschaft Windenergie), die sich damit Ihre eigenen Regeln strickt und vorgibt. Auch hier werden Frequenzbereiche unter 10 Hz gar nicht erst mitgemessen und berücksichtigt, zudem wird mit dB(A)-Filter gearbeitet und gemessen, die im Tieffrequenz (Infraschallbereich) bei z.B. der Frequenz von 1 Hz „70 dB“ einfach unterschlagen, weil der A-Filter dieses durch seine Flankensteilheit zu den tiefen Frequenzen hin einfach wegfiltert. 

Die dort gelobte Frequenzselektivität im neuen Verfahren (Interimsverfahren), berücksichtig nun gerade mal 8 selektive Frequenzen (von 63 Hz bis zu 8000 Hz gespreizt) und ansonsten nur die korrigierte Bodendämpfung (in Form eines – 3 dB Agr-Wert). Der korrigierende Faktor ist immer noch viel zu gering, als dass er die Bevölkerung (Anrainer von WKA) vor den intern. bekannten und „wissenschaftlich“ längst nachgewiesenen, gesundheitsschädigenden WKA-Immissionen gesamtheitlich schützen kann. Auch zielt die Korrektur der Bodendämpfung fachlich in diesem  Verfahren, wie vorher meinerseits erklärt, nur auf den hörbaren Schallimmissionsanteil moderner WKA ab. Also die höheren Frequenzen und die tieferen Frequenzen lässt man dabei unter den Tisch fallen, bzw. tut so, als ob es diese gar nicht gäbe.  

 KN fragt nach den Folgen für die mehr als 3300 Windräder im Land SH:
“Diese, so das Ministerium, ließen sich pauschal nicht beurteilen. Stattdessen müsse im Einzelfall geprüft werden, ob und welche Windkraftanlagen im Umfeld bereits stehen oder wie viele geplant sind.”

Sven Johannsen, GuSZ:

Das sehe ich aus unserer Erkenntnis komplett anders. Die Folgen sind hier relativ gut bekannt und sicher auch durch die vielen Betroffenen (die es derzeit dazu auch in SH gibt) deutlich belegbar. Für mich findet dort daher ein medizinisch, ethisch unauthorisierter Großversuch am Menschen statt, welcher in der Art wohl einmalig ist!

Aussage in der KN:
“Genauso spiele es eine Rolle, welche anderen Lärmquellen im Umfeld vorhanden seien.”

Windwahn.com:

Wie stark vorbelastet die Regionen mit Windkraft-Clustern in SH, Ostfriesland, Teilen von Brandenburg und NRW, aber auch anderswo sind, weisst Du ja aus Deinen vielen Messungen, auch direkt bei uns zuhause in der Windwahnmarsch.
Siehst Du aus fachkundiger Sicht in solchen Regionen überhaupt noch Möglichkeiten, WEA zuzubauen, ohne Grenzwerte zu überschreiten?

Sven Johannsen, GuSZ:

Nein, auf Grund der doch recht kleinen Landesfläche von SH in Bezug zu den vielen, dort schon vorhandenen WKA, aber auch anderen vorhandenen gewerblichen Immissionsquellen, halte ich es für einen Wahnsinn und dann fast schon vorsätzliche Schädigungsakzeptanz, hier noch weitere Anlagen zubauen zu wollen.
Mit den derzeitig dort gültigen Grenzwerten ist es jedoch eine ganz andere Sache, denn diese sind nur sehr schwer zu überschreiten, da die meisten dieser Grenzwerte hoffnungslos veraltet, sprich viel zu hoch angesetzt sind.
Dies belegt auch die nun schon fast 10 Jahre andauernde Überarbeitungszeit des zuständigen Normungsausschusses im Bereich der DIN 45680 und dass es dort immer noch keinen Konsens und kein Ergebnis gibt.
Ein  nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ausreichender Schutz der Bevölkerung vor Immissionen aus gewerblich betriebenen Anlagen, ist daher trotz und bei „derzeitiger“ Grenzwerteinhaltung kaum gegeben.

Aussage in der KN:
“In jedem Fall müsse sichergestellt werden, dass die Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) eingehalten werden.”

Windwahn.com:

Unseres Erachtens müssten nun parallel umgehend die entscheidenden DIN Normen, die sich seit zehn Jahren in der Überarbeitung befinden, angepasst  und im Zuge dessen die TA Lärm geändert werden. Wie siehst Du das?

Sven Johannsen, GuSZ:

Wie ich vorab in meiner Antwort der letzten Frage schon versucht hatte ansatzweise auszuführen, müssten meiner Auffassung nach parallel eine Vielzahl von Regelwerken (z.B.: die TA-Lärm) und Normen, als auch das BImSchG dringend überarbeitet werden! An einzelnen Normen und Regelwerken zu arbeiten und diese alleinig verbessern zu wollen, ist fachlich gesehen reine Flickschusterei und wird vielen Immissionsbetroffenen nicht wirklich helfen…

Aussage in der KN:
“Die neue Regelung werde sich „in einigen Fällen“ auf den Nachtbetrieb von Anlagen auswirken – sprich: Windmühlen (???) müssen gedrosselt oder abgeschaltet werden, wenn sie nach dem neuen Verfahren die zulässigen Grenzwerte überschreiten.

Windwahn.com:

Wäre das eine Chance für diejenigen, die seit Jahrzehnten oder zukünftig in Windindustriezonen leben und unter Schlaflosigkeit und allen gravierenden Folgeerkrankungen leiden?
Denn alle, die ihr Zuhause tagsüber nicht verlassen können oder dort auch arbeiten müssen, sind den speziellen Schallbelastungen durch WEA, die ja eben nicht nur den Hörschall betreffen, an Zweidrittel des Tages weiterhin ausgesetzt….

Sven Johannsen, GuSZ:

Im Tagesbereich ist es i.d.R. für die meisten Immissionsbetroffenen nicht ganz so schlimm, wie im Nachtbereich. Der Tagesbereich „maskiert“ und kaschiert durch weitere dort anliegende Geräusche, den tieffrequenteren Bereich und daher fühlen sich viele dann auch nicht ganz so gestört. Ebenso befindet man sich meist nur nachts in einem liegenden Zustand, bei dem der menschliche Körper in seiner Ruhephase noch um einiges empfindlicher auf Immissionen reagiert.  
Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht daran, dass es nun im Nachtbetrieb der Windindustrieanlangen zu großen Drosselungen oder Abschaltungen kommt. Das halte ich eher für polemische Makulatur und wird nur in ganz wenigen Einzelfällen möglicherweise der Fall sein.  Das neue Verfahren erlaubt es u. U. sogar nun, dass Anlagen mit höheren Frequenzanteilen in der ausgewiesenen vorherigen Abnahmemessung und ggfs. geringeren Pegelstärken dann in der Realität lauter sein können als vorher, sprich u. U. wieder dichter an der Wohnbebauung stehen können.  

Aussage in der KN:
“Um die Auswirkungen auf bereits bestehende Windkraftanlagen abschätzen zu können, will das Ministerium ein Überwachungskonzept erarbeiteten.Wann das steht, ist jedoch offen.”

Windwahn.com:

Diese Aussage verheißt nichts Gutes. Denn in Bezug auf die Umsetzung von neuen Regelungen, die Reaktionszeit auf Beschwerden und Klagen betroffener und erkrankter Anwohner, bis hin zu gerichtlichen Anordnungen zeigen die Erfahrungen Betroffener,  dass dazu Jahre vergehen können, insbesondere wenn es sich um bereits bestehende WEA und Clusterregionen handelt.
Nicht genug Mitarbeiter, angeblich falsche Wetterverhältnisse (die besonders gern herangezogen werden und in unserem Fall bereits einmal 5 Jahre lang als Ausrede für Untätigkeit dienten), somit nur geringes Interesse, der Windkraftbranche Probleme zu bereiten, sowie die Anrufung der Gerichte durch WEA-Betreiber, zwecks Verhinderung betriebseinschränkender Maßnahmen könnten die Umsetzung der neuen Regelung verhindern.
Wie stark die Lobbyeinflüsse sind, erleben wir seit mehr als 10 Jahren in Bezug auf die Überarbeitung der relevanten DI-Normen und der TA Lärm…
Aber in Bezug auf die Tausenden WEA, die geplant, aber noch nicht gebaut sind bzw. noch keine Betriebsgenehmigung haben, könnte die Neuregelung in SH und in allen anderen Bundesländern Vorteile für die belasteten Anwohner geben.
Was sollten diese tun, um z.B. Abschaltzeiten zu erreichen
, auch wenn sie diese voraussichtlich selber kontrollieren und ein Eingreifen der Behörden regelmäßig anmahnen müssen?

Sven Johannsen, GuSZ:

Ich rate hier generell dazu, die bereits vorhandene Vorbelastung von den Anwohnern beweissichernd „neutral“ messtechnisch durch unabhängige Sachverständige, wie z.B. GuSZ, erfassen zu lassen und ihre Rechte mit Unterstützung geeigneter, spezialisierter Fachanwälte, von denen es nicht viele gibt, gegenüber Planern und Genehmigungsbehörden durchzusetzen.
Im besten Fall kommt es dann erst gar nicht zum Bau der WEA, bzw. einer dazu notwendigen behördlichen Genehmigungserteilung. Wer hier nicht alle Möglichkeiten nutzt, hat i.d.R. meist das Nachsehen.

Windwahn.com:

Wir sind seit 1995 durch die Langzeitbeschallung von WEA belastet und sukzessive schwer erkrankt. Dies begann mit 6 WEA in 320 – 750 m Abstand zu unserem Wohnhaus und setzte sich auch nach dem Rückbau der o.g. WEA fort, durch die zwischenzeitliche Bebaunung der gesamten Region mit heute mehr als 200 WEA in Sichtweite, die nächstliegenden 10 Anlagen in 2,4 km. Ein Ende der Bebauung bzw. des Repowering dieser Region ist nicht in Sicht.
Hast Du eine unter diesen Bedingungen, die ja durchaus landestypisch auch für andere Regionen sind eine Abstandsempfehlung?
Bzw. gibt es aus fachkundiger Sicht und jahrelanger Erfahrung des Akustikers weitere Handlungsempfehlungen, die über größere Abstände oder Bebauungsstopp hinaus gehen?

Sven Johannsen, GuSZ:

Ja, ich denke die gibt es durchaus. Auch unabhängig derzeit geltender behördlicher/rechtlicher Richt- und Grenzwerte kann man sich nämlich als Immissionsbetroffener durchaus wehren!
Das Recht auf Schutz u. körperliche Unversehrtheit gilt nach unserem Grundgesetz für jeden.
Bisher war es aber kaum bis gar nicht möglich, den schädlichen und schädigenden Einfluss der WEA-Immissionen kausal (quellenbezogen) nachweisen zu können.
Seit Anfang dieses Jahres ist dies Betroffenen jedoch durchaus möglich! Unsere Messfirma und Gutachterbüro hat als Partner ein renommiertes Neurologisches Institut gewonnen, welches im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts des gemeinnützigen Vereins INOVIB e.V. in der Lage ist, vorher gemessene Immissionen, die klar einer verursachenden Quelle zugeordnet werden können 1:1 replizieren zu können.
Dass dies sogar bis in den Bereich von unter 1 Hz möglich ist, dürfte weltweit ein Novum darstellen. Im Rahmen durchgeführter pathogener Wirknachweisen durch diverse renommierte Fachmediziner, lassen sich klar und deutlich, sowie dann auch justiziabel quellenbezogene, immissionsseitige, persönliche Schädigungen nachweisen. Schädigungen, die auch in Deutschland nicht statthaft sind.

Zur Abstandsempfehlung: Auch unserseits ist es sehr schwer, eine allgemeingültige Empfehlung zu geben.
Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen, müsste der Abstand von modernen und derzeit gängigen WKA-Typen und Größen zur nächstgelegenen Wohnbebauung schon mindestens 10 km betragen um Langzeitschädigungen von Anrainern nahezu ausschließen zu können.
Denn nicht nur die Dosis, also die Höhe des Schalldruckes, bzw. der dB-Zahl einer Quelle macht hier das Gift, sondern die Zeitspanne der man diesen Immissionen ausgesetzt ist spielt eine ganz wesentliche Rolle. Da langen dann durchaus schon geringere Dosen (sprich anliegende dB-Werte), um gesundheitlich negativ beeinflusst zu werden.
Zeitspannen spielen jedoch in der behördlichen und juristischen Einschätzung von Immissionen bisher so gut wie keine Rolle.
Auch mögliche Wechselwirkungen, die durchaus gängig und eher die Regel als die Ausnahme darstellen, wie z.B. die von Köperschall (Vibrationen) in Kombination mit Luftschall. Sie spielen eine ebenso große Rolle, wenn es darum geht, ob und wie schnell jemand durch technische Immissionen nachhaltig geschädigt wird.

Mit Dank an die KN und den Autor Ulrich Metschies  für den Artikel, der nützliche Aussagen für entsprechende Fragen veröffentlicht hat.

Und an Sven Johannsen für die hilfreiche Relativierung der angekündigten Regelung, die fachliche Unterstützung in Bezug auf die akustischen Fragestellungen und  die Handlungsempfehlungen.
JR

Weitere Informationen finden Sie hier:
https://umweltmessung.com/

Den Artikel in der KN finden Sie hier:
http://www.kn-online.de/Nachrichten/Politik/Landesregierung-fuehrt-strengere-Laerm-Regeln-fuer-Windkraft-ein

Einen lesenswerten Kommentar vom Autor des KN-Artikels, Ulrich Metschies, finden Sie hier:
http://www.kn-online.de/Mehr/Meinungen/Ulrich-Metschies-zum-Laerm-von-Windkraftanlagen