Schallopfer – Eine zur Diskriminierung freigegebene Minderheit

So betitelt René Sternke seinen neuen Artikel zum Thema Infraschall.

Wir Anwohner von Windkraftwerken erleben sie seit Jahren, die Diskriminierung und Diskreditierung durch Interessenvertreter der Windkraftnutzung, ob Lobbyisten, Ideologen, Politiker, Behörden- oder Medienvertreter.
Eine sachliche Klärung wird tunlichst vermieden, zu groß ist inzwischen die Sorge, dass man der zunehmenden Menge von Zeugenaussagen, Studienergebnissen und Argumenten aus Kreisen von Medizinern, Akustikern, Physikern und Biologen kaum noch etwas entgegensetzen kann.
Entsprechend den gewohnheitsgemäß von der Windkraftlobby eingesetzten Killerphrasen, auch Totschlagargumente genannt, werden zum heiklen Thema Infraschall Argumentationsfiguren eingesetzt. Der Autor beschreibt sie im Folgenden und gibt den Lesern die Möglichkeit, diese Argumentationsstrategien zu durchschauen.
Danke für diese Analyse, unsere Leser werden sie zu nutzen wissen!

„Nicht leugnen können Befürworter des Ausbaus von Windenergie an Land, wie häufig inzwischen betroffene Bürger über gesundheitliche Folgen klagen“, schreibt Michael Ashelm in der Frankfurter Allgemeinen Woche.

Sind die Klagen der Betroffenen gegründet? Um einer Klärung dieser Frage aus dem Wege zu gehen, werden in unserer Gesellschaft verschiedene Strategien eingesetzt, die darauf abzielen, diese Klagen für unberechtigt zu erklären oder der Überprüfung ihrer Berechtigung auszuweichen. Es findet keine sachliche Klärung statt. Stattdessen werden die Infraschallopfer diskriminiert und diskreditiert. Dabei werden unterschiedliche Argumentationsfiguren eingesetzt, die als Ausgrenzungsdispositive funktionieren.

Diese Argumentationsfiguren widersprechen einander. Bald wird die körperliche Schädigung der Betroffenen eingeräumt, bald geleugnet. Obwohl die unterschiedlichen Argumentationsstrategien sich gegenseitig ausschließen, werden sie nebeneinander für gültig gehalten und zuweilen sogar miteinander verbunden.

Es handelt sich um folgende Argumentationsfiguren:

1. Man spricht den Infraschallopfern die Glaubwürdikeit ab

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht referiert in einem Urteil, das ich veröffentlicht habe, die Argumentation des beklagten Windkraftunternehmens: „Bei Entfernungen unter 500m sei eine Beeinträchtigung durch Infraschall ausgeschlossen. Es gäbe keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über die Wirkung von Infraschall auf die menschliche Gesundheit. Der Mensch sei kein Blauwal.“ Die Infraschallopfer werden einfach als Lügner hingestellt.

2. Man erklärt das Empfinden der Infraschallopfer für gestört

In dem Urteil selbst heißt es: „Ausgangspunkt ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen im Hinblick auf Natur und Zweckbestimmung des beeinträchtigten Grundstücks. Überempfindlichkeit ist ein Los, dass jeder selbst tragen muss, weshalb mit dem Kriterium der ‚Verständigkeit eines Durchschnitts-menschen‘ eine elastische Handhabe und Beurteilung ermöglicht wird.“ Diese Stelle wurde, wie ich berichtet habe, von der Plattform Windmesse. All in Wind mit Genugtuung zitiert.

3. Man spricht den Infraschallopfern die Verständigkeit ab

Als Beispiel genügt die unter 2. angeführte Belegstelle.

4. Man erklärt die Infraschallopfer für anormal

Als Beispiel genügt hier ebenfalls die unter 2. angeführte Belegstelle.

5. Man erklärt die Infraschallopfer für psychisch gestört

Im Wikipedia-Artikel „Infraschall“ heißt es: „Krankheitssymptome, die dem Infraschall von Windkraftanlagen zugeschrieben werden, gelten als ‚kommunizierte Krankheit‘, die von wenigen Ausnahmen abgesehen erst nach 2008 gemeldet wurden, als Anti-Windkraft-Gruppen damit begonnen hatten, Windkraftanlagen als gesundheitsschädlich“ darzustellen. Bei den Terminus ‚kommunizierte Krankheit‘ findet sich ein Link zum Artikel ‚Hypochondrie‘. ‚Hypochondrie‘ wird dort als „eine psychische Störung (somatoforme Störung), bei der die Betroffenen unter ausgeprägten Ängsten leiden, eine ernsthafte Erkrankung zu haben, ohne dass sich dafür ein angemessener, objektiver Befund finden lässt“, definiert. Zum anderen sei Hypochondrie ein Symptom, das im Rahmen zahlreicher psychischer Störungen auftreten könne. Ein Regionalverband des BUND zitiert diesen Artikel als Autorität.

6. Man macht die Infraschallopfer für ihre Leiden selbst verantwortlich

In einem „aus gutem Grund anonymen“ Artikel des „Focus“, den ich bereits diskutiert habe, heißt es: „Anwohner bilden sich die Beschwerden nur ein, weil sie eine generelle Abneigung gegenüber Windkraftanlagen haben.“

7. Man behandelt die Wirklichkeitserfahrung der Infraschallopfer als etwas Virtuelles und Irrelevantes

Hier kann der eingangs zitierte Artikel von Michael Ashelm angeführt werden, der es unentschieden lässt, ob die Klagen der Betroffenen berechtigt sind oder nicht. Was für die Betroffenen sehr real ist, wird als etwas für die Gesellschaft rein Virtuelles und Irrelevantes behandelt.

Geht man mit allen Minderheiten so um?

Es ereignet sich in unserer Gesellschaft durchaus, dass die hier beobachteten Strategien zur Diskreditierung und Diskriminierung einer Minderheit auch auf andere Minoritäten angewendet werden. In der Regel erzeugt ein solches Vorgehen einen heftigen Protest, einen Aufschrei, einen shit-storm. Dieser Protest bleibt hier aber aus, weil offenbar keine politische Bewegung die Möglichkeit sieht, aus einem solchen Protest symbolisches Kapital und Vorteile für sich selbst zu schlagen. Stattdessen würde man sich mit Kräften anlegen, die dank der über die EEG-Umlage bewerkstelligten Kapitalumverteilung über sehr viel Geld und symbolisches Kapital verfügen.

Spräche man Migranten oder Transsexuellen die Glaubwürdigkeit oder die Verständigkeit ab, erklärte man sie für abnorm oder psychisch gestört, zweifelte man an ihrer Fähigkeit, die Wirklichkeit adäquat wahrzunehmen, machte man sie für ihr Schicksal selbst verantwortlich oder ließe man es dahingestellt, ob das von ihnen erfahrene Leid real ist oder nicht, so würde ein lauter Protest erschallen. Damit möchte ich nicht sagen, dass Migranten oder Transsexuelle keine korrekte Behandlung verdienen. Vielmehr will ich damit sagen, dass auch die Opfer des von Windkraftanlagen aus-gesandten Infraschalls auf eine korrekte Behandlung und Minderheitenschutz Anspruch haben. Diese Minderheit darf nicht weiterhin zur Diskriminierung freigegeben werden, damit ihre Opferung auch künftig mit Selbstverständlichkeit vonstatten gehen kann.

Unterzeichnen und verbreiten Sie bitte die Petition Retten Sie den Rotmilan und andere von der Ausrottung bedrohte Arten!

Originalartikel: