Ausschreibung – Klagebereitschaft – OVG-Urteile zum Artenschutz – Landtagswahlergebnis

 In NRW stehen die Zeichen auf Veränderung

Hubertus Nolte vom Regionalbündnis Windvernunft e.V. aus den Kreisen Paderborn, Hochsauerland und Lippe hat die derzeitige Entwicklung im Windkraft-Cluster auf der Paderborner Hochebene kenntnisreich und eindrucksvoll beschrieben.
In der Hoffnung, dass sich eine solche Entwicklung Hand in Hand mit einem sich anbahnenden Nachdenken und Handeln in der Politik, zunehmendem Mut zum Widerstand der Betroffenen und Unterstützung durch Urteile unabhängiger Gerichte ausgehend von NRW in der ganzen Republik ausbreiten möge.
Mit Dank an Hubertus Nolte für den Text und Reinhold Uhl für die Info!
JR

Das Ende der Goldgräberstimmung im Kreis Paderborn?

von Hubertus Nolte, Regionalbündnis Windvernunft e.V.,
31. Mai 2017

Das erste Ausschreibungsergebnis, eine zunehmende Klagebereitschaft Betroffener, neueste Gerichtsurteile und erste energiepolitische Signale der zukünftigen Landesregierung dürften einigen Windenergieprojekten in unserem Raum den Garaus machen.
Die letzten Wochen waren für die Windbarone auf der Paderborner Hochebene, gelinde gesagt, ernüchternd, zumindest für diejenigen, die noch vorhatten, zu diesem neuen Kreis von Umlagemillionären aufzurücken. Oder auch für diejenigen, die durch Maßlosigkeit getrieben, in ihren Planungen die Schutzwürdigkeit von Mensch und Natur aus den Augen verloren haben.

Eine Halbierung der Fördersätze für Windenergie an Land, die Privilegierung von sogenannten Bürgerenergiegenossenschaften, aber auch steigende Auflagen wie Abschaltzeiten sowie klagewillige Bürger, Kommunen und Naturschützer dürften den wirtschaftlichen Betrieb zukünftiger Windenergieanalgen in unserem windhöffigen Raum bei einigen Betreibern zum Vabanquespiel werden lassen. Dieses werden sicherlich auch beteiligungswillige Kommanditisten, Windenergiegenossenschaftler und auch der ein oder andere Banker bei uns durchaus kritisch beäugen.

Unbedingt alles lesen:
http://rbw-owl.blogspot.de/2017/06/das-ende-der-goldgraberstimmung-im.html

Wichtig für alle Mitstreiter:

Bahnbrechende OVG-Urteile in NRW

Der Artikel von Hubertus Nolte beinhaltet mehrere neue Urteile des OVG Münster:

Auszug:
[…]

Aktuelle Gerichtsurteile berücksichtigen den Artenschutz

Zunächst sorgte das OVG Urteil gegen den Windpark Knippen bei Freudenberg für ein erstes Aufhorchen, dann entzog vor 2 Wochen das Münsteraner Oberverwaltungsgericht 5 bereits errichteten Windmühlen die Baugenehmigung. Beides Mal spielte der Artenschutz die entscheidende Rolle.

In der vergangenen Woche sorgte das OVG für zwei weitere Paukenschläge: dieses Mal auf unserer Hochfläche im WP Himmelreich bei Meerhof und in Marsberg-Erlinghausen.
Ursprünglich hatten die Umweltschützer des Naturschutzbundes (NABU) NRW und des Vereins für Natur- und Vogelschutz (VNV) im Hochsauerlandkreis aus Artenschutzgründen gegen die Genehmigungen des Windparks Himmelreich (11 Anlagen) und gegen eine bereits errichtete Einzelanlage an der Landesgrenze zu Hessen geklagt. In diesem Zusammenhang wurde auch die nicht immer nachvollziehbaren Genehmigungen aus Gründen des Baurechts gerügt, lagen die Vorhabenorte doch außerhalb des damals noch gültigen alten Flächennutzungsplanes (FNP). Das sahen auch die Richter des VG Arnsberg so und verhängten einen Baustopp.

Gegen diesen legten der Kreis HSK als auch die Betreibergesellschaft Beschwerde ein. Dabei sahen sie sich im Vorteil, war doch in der Zwischenzeit ein neuer FNP für die Stadt Marsberg nochmals überarbeitet und dann endlich genehmigt worden. Dieses hatte das OVG aber nun vollkommen außen vorgelassen. Im Beschluss des OVG vom 22.05.2017 (8 B 927/16) heißt es

„Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragsstellers (NABU) in der Hauptsache (Artenschutz) zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von 9. Februar 2016. Diese dürfte gegen Rechtsvorschriften verstoßen, die dem Umweltschutz dienen…“.

Somit rückt der Artenschutz als entscheidender Faktor wieder in den Fokus der juristischen Auseinandersetzung.

Ging es bei der Ablehnung der Beschwerde gegen den Baustopp des Windpark Himmelreichs um Wiesenweihen, Wachteln und Mornellregenpfeiffer, so folgte nur 1 Tag später ein weiterer Beschluss des OVG zum gestoppten Betrieb einer Einzelanlage (8 B 1303/16), der sich dieses Mal auf den Schutz des Rotmilans stützt.

In den entsprechenden Ausführungen des 8. Senats des OVG (Vorsitzender Richter Prof. Dr. Seibert) zu beiden Beschlüssen wird deutlich darauf verwiesen, dass

„es im Artenschutz nicht erforderlich ist, sich darüber Gewissheit zu verschaffen, dass vorhabenbedingte Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist ein am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (…) Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative erstreckt sich nicht nur auf die durch das Vorhaben ausgelöste Gefahr für geschützte Tiere, sondern auch auf die vorgelagerte Frage, ob die betroffene Art im Einwirkungsbereich anzutreffen ist.“

Natürlich hatten die Betreiber auch hier versucht, durch gutachterliche Stellungnahmen u.a. zur Flughöhe des Rotmilans, eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos zu verneinen. Diese Argumentationsversuche sind uns aus den aktuellen Erörterungs-terminen im Kreis Paderborn bestens bekannt. Nur das diese an entscheidender Stelle ihre Wirkung verfehlt haben.

„Vielmehr liegt danach die beobachtete Flughöhe von Rotmilanen in immerhin fast 30 % der Fälle in dem von Rotoren der streitgegenständlichen Windenergieanlagen überstrichenen Höhenbereich zwischen 50 m und 150 m. Die angeführten Beobachtungen an einer im Schweizer Rheintal gelegenen einzelnen Windenergieanlage stellen angesichts der umfangreichen fachwissenschaftlichen und empirischen Erkenntnisse zu den Gefährdungen von Rotmilanen durch Windenergieanlagen, wie sie dem Leitfaden (…) der Landesarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vom 15. April 2015 zugrunde liegen, die typischerweise signifikante Erhöhung des Individuen bezogenen Tötungsrisikos bei Unterschreitung gewisser Mindestabstände nicht durchgreifend in Frage. Daraus lässt sich insbesondere nicht herleiten, dass ein Kollisionsrisiko für Rotmilane hier zu vernachlässigen wäre.“, so das OVG in seinem Beschluss.
[…]
http://windpark-bw.blogspot.de/2017/06/das-ende-der-goldgraberstimmung-im.html

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